Obgleich das Sammeln von Dingen als eine Konstante menschlichen Handelns betrachtet werden kann, ist die Idee der Sammlung als Ort öffentlichen und repräsentativen Charakters sehr viel jünger. Hervorgegangen aus den Schatz- und Wunderkammern der Neuzeit, etabliert sich das Museum als Schnittstelle von Wissensstrukturen, politischer Selbstdarstellung medialer Fokussierung erst im 19. Jahrhundert.
Allen Beteuerungen über den geistigen und repräsentativen Charakter des Museums zum Trotz ist es dieser Institution nicht gelungen, die offensichtlichen Prallelen zu dem in gleicher Zeit entstandenen Zwilling, dem Warenhaus loszuwerden. Dinge in der Sammlung sind stets mehr, als die guten Wünsche im Moment der Sammlungsentstehung es erahnen ließen. Der Telos einer Museumssammlung – erkenntnisleitend zu sein, der Artikulation von Wissen zu dienen und historische Momente “einzufrieren” – beschreibt im besten Falle einen Teil der tatsächlichen Existenzbedingungen einer Sammlung. Das Ergebnis dieser Dissonanz ist in den alltäglichen Problemen eines Kustos mit seiner Sammlung abzulesen. Eine Sammlung ist eben nicht nur ein Wissensort, sondern auch ein Problem der Konservierung und der Ordnung. Dieser Eigensinn der Dinge verlangt nach immer neuen und raffinierteren Strategien des Umgangs mit ihnen. Gerade die neuesten Entwicklungen in diesem Feld, die vollständige digitale Erfassung der Sammlungen, erscheint als ein Versprechen auf totalen Zugriff bei minimalem Aufwand.
Tatsächlich jedoch bedeutet es einen Rückzug aus der widerspruchvollen Welt des Materiellen und birgt in sich die Gefahr, sich mit einem funktional definierten Set an Informationen an einen beschränkten Zugriff zu gewöhnen. Forschungsfragen werden dann nicht mehr an den Dingen selbst, sondern an die verfügbaren Daten gerichtet. Angesichts solcher Probleme versteht sich dieser Beitrag als ein Plädoyer dafür, die Komplexität und den widersprüchlichen Charakter von Objektsammlungen als eine immanente Eigenschaft zu betrachten. Probleme der Ordnung, Objektkonservierung und der angemessenen Lagerung sind nicht lästige Randerscheinungen, sondern als eine Grundeigenschaft von Dingen zu verstehen.