Im Jahr 2017 zählte das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung (HIIK) 20 Kriege und 385 Konflikte, von denen mehr als die Hälfte gewaltsam ausgetragen wurden. Im Vergleich zu den 90er Jahren sehen wir zwar eine deutliche Abnahme des weltweiten Kriegsgeschehens, jedoch stellt sich angesichts der Langlebigkeit und der hohen Kosten von Kriegen die Frage, warum Menschen weiterhin auf eine kriegerische Strategie als Ultima Ratio zur Konfliktlösung zurückgreifen.
In der Kriegsursachenforschung wird hierzu eine Fülle von Antworten gegeben, die jedoch vielfach auf einer eingeengten wissenschaftstheoretischen Sichtweise basieren, was entsprechend zu nicht hinreichenden Antworten führt. Diese zum Teil sehr kontroverse Diskussion beginnt schon mit unklaren Definitionen des Gewalt- bzw. Kriegsbegriffs, und sie negiert insbesondere den entscheidenden analytischen Fokus, warum einerseits Konflikte entstanden sind und diese andererseits kriegerisch ausgetragen wurden. Ausgehend von der Tatsache, dass Menschen grundsätzlich Handlungsoptionen haben, also Konflikte jeglicher Art sowohl friedlich als auch gewaltsam ausgetragen werden können und der Krieg ein intentionaler Akt ist, wird dieser analytische Ansatz sowie auch die Definitionsfrage im Vortrag näher behandelt werden.
Die Begriffe Struktur und Kognition bezeichnen hierbei die Bandbreite bzw. die sich zum Teil ausschließenden Positionen in der wissenschaftlichen Diskussion. Ich werde daher im Vortrag versuchen, abschließend eine synthetisierende Antwort zu geben, wobei diese mit einigen Beispielen aus der ethnologischen Forschung illustriert werden. Gleichfalls werde ich einige Bezüge zu aktuellen Kriegen im Bereich der orientalischen Region herstellen sowie einige Überlegungen anführen, warum die „westliche“ Politik mit ihren Befriedungsstrategien bisher versagt hat.