In den letzten Jahren haben die sich neu etablierenden Raumwissenschaften besonders für die Neuzeit ein Modell entwickelt, welches den historischen Raum von einem vermessbaren „euklidischen“ oder auch einem positivistisch erfassten Natur- bzw. Kulturraum unterscheidet. Es konnte herausgestellt werden, dass Raum nicht die Summe und Relation der Objekte zueinander ist, sondern dass er erst im Aneignungsprozess durch die historischen Akteure generiert wird. Raum kann also nicht mehr von seinem Inhalt getrennt angesehen werden, sondern fungiert als dessen Ordnungsgefüge.

In der Konstitution dieser Raum-Ordnungen der Lebenswelt, spielt neben der sensorischen Wahrnehmung die individuelle Erfahrung des bzw. der Wahrnehmenden ebenso eine Rolle wie auch das kollektive Gedächtnis der jeweiligen Gesellschaft. Ziel einer historischen Raumwissenschaft muss es also sein, diese Pluralität von Raum-Ordnungen in ihrer vernetzten Struktur zu erfassen und auf ihre individuellen und gruppenspezifischen Anteile hin zu untersuchen.

In dieser Präsentation sollen diese unterschiedlichen Raumordnungen sowie deren Transformation anhand von mehreren Fallbeispielen aus dem ersten vor- und nachchristlichen Jahrhundert skizziert werden. Zentral hierbei ist die Frage, welche Aussagen Texträume auf die individuelle und gruppenspezifische Raumwahrnehmung besitzen.