mapping

Die (Re)Konstruktion und räumliche Situierung von Identitäten stellt seit jeher einen zentralen Bestandteil altertumswissenschaftlicher Praxis dar. Während die Frage, ob sich vergangene Identitäten überhaupt wissenschaftlich greifen und rekonstruieren lassen, in den altertumswissenschaftlichen Einzeldisziplinen jüngst vielfach diskutiert worden ist, sind die Darstellungs- und Visualisierungsmethoden in der wissenschaftlichen Praxis mit ihren Implikationen und Effekten bislang kaum untersucht.

Als Instrument und Darstellungsmodus kommt der Kartographie in diesem Zusammenhang eine zentrale Funktion zu. So haben AltertumswissenschaftlerInnen stets versucht, geographische Informationen über die Herkunft und Verbreitung von Sprachen, Artefakten, Völkern oder Kulturen im Raum nicht nur narrativ darzustellen, sondern auch kartographisch zu fixieren. In diesem Sinne ließe sich von spezifisch kartographischen Identitätskonstruktionen sprechen. Hierunter kann sowohl die direkte als auch die indizielle Erfassung historischer Handlungsträger auf einer Karte verstanden werden: Einerseits gibt es Karten, auf denen etwa Völker oder Sprachgruppen bzw. deren Handlungen (z.B. Wanderungen) unmittelbar geographisch situiert werden; andere Karten wiederum geben lediglich die geographische Verteilung bestimmter Merkmale (z.B. linguistische Charakteristika, materielle Objekte etc.) wieder, die als Indizien für die Präsenz oder gar für die Handlungen von kollektiven Identitäten fungieren.

Während der Tagung möchten wir die Genese, Geschichte und Funktion kartographischer Praktiken in den Altertumswissenschaften und in der Vermittlung von Forschungsergebnissen an die Öffentlichkeit beleuchten und kritisch diskutieren. Da die Thematik nur aus einer interdisziplinären Perspektive und unter Einbeziehung wissens- und zeithistorischer Kontexte adäquat behandelt werden kann, richtet sich die Veranstaltung sowohl an WissenschaftlerInnen aus den Altertumswissenschaften und ihren Nachbardisziplinen als auch an Zeit- und WissenschaftshistorikerInnen.

Program

26.5.2014
18:15 - 21:00
Keynote Lecture: Mapping with Herodotus
Suzanne Marchand
27.5.2014
09:30 - 10:00
Die ethnisch-politische Komponente im Aufbau der antiken Karte
Didier Marcotte
10:00 - 10:30
Trojaner und Erbfeinde. Ethnographisches Wissen und kartographische Praxis mit Blick auf das Osmanische Reich im Europa der Frühen Neuzeit
Robert Born
10:50 - 11:20
Kartographie am Neapolitanischen Hof zwischen Spätmittelalter und Früher Neuzeit
Tanja Michalsky
13:00 - 13:30
Karten und die (Re-)Konstruktion raumbezogener kollektiver Identität. Katalonien zwischen Spanien und Europa
Jörg Mose
13:30 - 14:00
Vom Stammbaum zur Linguistic Landscape. Sprachwissenschaftliche Darstellungsmittel für Sprachräume und Sprechergemeinschaften
Philipp Krämer
Lars Zeige
14:20 - 14:50
Zuglinien und Welle auf Papier. Zur Kartographie von Migrationen in den Altertumswissenschaften
Felix Wiedemann
15:40 - 16:10
Mit Pfeil und Bogen. Expansion und Westausbreitung der Slawen in der deutschsprachigen archäologischen Kartographie zwischen 1850 und 1950
Susanne Grunwald
16:10 - 16:40
Geographisch-archäologische Methoden und Konzepte der Identitätskonstruktion
Oliver Nakoinz
16:40 - 17:10
Mapping DNA. Der Einsatz von Karten und kartenähnlichen Abbildungen in der Genetic History
Jörg Feuchter
17:10 - 17:40
Diskussion
28.5.2014
09:15 - 09:45
What did Ancient Egypt mean to the people of Europe before the 19th century? A cartographic inquiry
Lucile Haguet
09:45 - 10:15
How the Lebanese landscape shaped Phoenician culture
Meir Edrey
10:45 - 11:15
Kiepert"s maps after Robinson and Smith: a revolution in re-identifying the Holy Land in the 19th century
Haim Goren
13:00 - 13:30
Configuring Mesopotamia: regional signifiers and the many locations of the "land between the rivers’
Rune Rattenborg
13:30 - 14:00
Mapping the Linguistic Landscapes of Mesopotamia
Christian Hess
15:00 - 15:30
Abschlussdiskussion
Kerstin P. Hofmann
Felix Wiedemann